„Jetzt ist die Zeit“ – das Motto des diesjährigen Deutschen Evangelischen Kirchentages in Nürnberg trifft Kirche und Gesellschaft mitten im Umbruch und in Transformationsprozessen. Und es verdeutlicht: In jeder Krise steckt immer auch eine Chance. Daher: Jetzt ist der Kairos, der günstige Augenblick, – auch für Bildung Evangelisch – in Kirche, Diakonie und Gesellschaft.
Ein Bericht von Reiner Schübel, theologisch-pädagogischer Vorstand der AEEB
Evangelische Erwachsenenbildung in Bayern ist präsent und ansprechbar – nicht nur am Kirchentag. Sie ist erstaunlich, unkonventionell und mutig. Sie zeigt exemplarisch evangelische Bildung – digital und lokal, zuweilen auch hybrid. – Als neuer theo. – päd. Vorstand der AEEB (Anmerk. d. Red.: siehe Personalie) ist es mir deshalb ein Anliegen, die Evangelische Erwachsenbildung inhaltlich und strategisch in diesen Umbrüchen weiter zu profilieren und voranzubringen. Worauf es dabei ankommt? Relevanz und Erkennbarkeit!
Relevant – durch Bewusstseinsbildung
Mein Engagement wird in den kommenden Monaten darauf gerichtet sein, die Relevanz der Evangelischen Erwachsenenbildung gegenüber kirchenleitenden Organen und Gremien, in Handlungsfeldkonferenzen, im Gespräch mit Dekaninnen und Dekanen, Einrichtungsleitungen und landeskirchlichen Beauftragten und weiteren Partner*innen zu verdeutlichen.
Relevant – durch Nutzung der Potenziale und Gestaltung von Bildungslandschaften
Dabei kommt es darauf an, ihr Potenzial aufzuzeigen und darauf zu achten, dieses zu entfalten. Also Bildung Evangelisch – präsent in der Region, inhaltlich und methodisch kompetent, serviceorientiert, agil, innovativ, flächendeckend und seismographisch für gesellschaftliche Entwicklungen. Dieses Potenzial an der Schnittstelle von Kirche und Gesellschaft gilt es vor Augen zu stellen und noch mehr vor Ort zu nutzen, wie auch unsere Einrichtungen als Dreh- und Angelpunkte zur Gestaltung von Bildungslandschaften vor Ort.
Relevant – durch effektive Strukturen, fachliche und zukunftsweisende Kompetenz
Im Blick auf landeskirchlich finanzierte Stellen gilt es, auf effektive, schlanke Strukturen zu setzen sowie auf fachliche Kompetenz und ggf. auch neue Berufsgruppen, z. B. im Bereich digitale Kompetenz, Medien-, Ehrenamtlichen-, Eltern- und Familienbildung. Zudem erkennen Trendscouts frühzeitig gesellschaftliche Entwicklungen. Wo dies geschieht, bestehen gute Aussichten für eine nachhaltige kirchliche Verankerung in Dekanaten und Regionen.
Relevant – durch Servicecharakter und Vernetzung
Noch deutlicher können wir den Servicecharakter unserer Bildungseinrichtungen vor Ort zum Tragen bringen; für Willkommenstage und Fortbildungen, für die Begleitung von Transformationsprozessen, für ein Denken und Handeln in regionalen Netzwerken und multiprofessionellen Teams. Digitale Bildung und Medienbildung und weitere Fortbildungen für Ehrenamtliche und Hauptamtliche, auch berufsgruppenübergreifend, verschaffen uns neue Wahrnehmung im kirchlichen Kontext.
Relevant – durch innovative Ideen, konzertierte Aktionen und existenzielle Fragen
Aber es geht noch mehr. Warum nicht Elternbildung in Kitas vernetzt mit Familienbildung, Vater-Kind-Aktivitäten im Freizeit- und Tourismusbereich, Bildung von Mitarbeitenden im schulischen Ganztagbereich, Theologie 2.0 als Video-Fortbildungsformat für Lehrkräfte zu aktuellen theologischen, ethischen, naturwissenschaftlichen Fragen? Warum nicht Startups vor Ort und Entwicklung neuer, kreativer und praxistauglicher Modelle? Warum nicht konzertierte Aktionen zu einem gemeinsamen Thema mit crossover medialer Begleitung? Warum nicht noch expliziter existenzielle und sinnorientierte Fragen aufgreifen? Ja, dergleichen und vieles mehr könnte entwickelt werden. Gerne unterstütze ich dabei.
Relevant – durch Netzwerk Pädagogik
In einem Netzwerk Pädagogik können Bildungsplayer als Vordenker für relevante Themen und innovative Bildungsformate (Barcamp etc.) neue Impulse setzen. Agile Formen von Austausch und Kooperation sind auch im Blick auf unsere Einrichtungen zukunftsweisend. Nicht alle müssen alles neu erfinden. Im Gegenteil: Alle werden stärker, wenn es gelingt, neue Modelle gemeinsam zu entwickeln, Schwarmintelligenz zu nutzen, von erfolgreichen Modellen der anderen zu profitieren und eigene Best-Practice-Modelle mit ihnen zu teilen.
Relevant – durch Konzept für lebensbegleitende Bildung
Die Entwicklung eines Konzeptes für lebensbegleitenden Bildung kann dazu beitragen, Bildung als wesentliche Dimension unserer Landeskirche neu zu begreifen und zu fördern. Die gesamte Breite der Bildungsangebote unserer Landeskirche und ihrer Diakonie ist hierfür in den Blick zu nehmen. Entscheidend wird sein, die bisherige Separierung und Versäulung zu durchbrechen. D.h.: Bildung neu denken, vernetzt und lebensbiographisch.
Relevant – durch Erkennbarkeit
Bildung Evangelisch kann und darf noch sichtbarer und erkennbarer werden. Bringen wir das Profil der unterschiedlichen Bildungshäuser- und einrichtungen, ihre Breite und Vielfalt sowie ihre Serviceleistungen noch deutlicher zur Geltung, auch mit Videos auf der Homepage sowie über social media. Über eine NewApp könnten zudem innovative Modellprojekte einfach zugänglich bekannt gemacht werden.
Wir haben Wesentliches in Kirche und Gesellschaft einzubringen. Die Kirche der Reformation war und ist eine Bildungsbewegung für Leben, Lernen und Glauben – mit lebensbegleitender Perspektive. Im Umbruch liegt die Chance zur Gestaltung. Auch das neue Erwachsenenbildungsförderungsgesetz eröffnet neue Spielräume. – Deshalb: Kairos für Bildung Evangelisch – relevant und erkennbar!