Am 1. Januar 2024 hat die Arbeitsgemeinschaft für Evangelische Erwachsenenbildung in Bayern e.V. (AEEB) die Koordinierungsstelle des Netzwerks „Verbraucherbildung Bayern“ übernommen. – Die AEEB sprach mit Netzwerk-Koordinatorin Carmen Kobek (AEEB) und Projektleiter Dr. Martin Waßink (EBW Oberfranken-Mitte) über Inhalte und Ziele des neuen Aufgabenbereiches.
AEEB: Liebe Carmen, lieber Martin, welche Funktionen und Aufgaben habt Ihr im Rahmen der Koordinierungsstelle des Netzwerks „Verbraucherbildung Bayern“ übernommen?
Carmen Kobek: Die Initiative „Verbraucherbildung Bayern“ wurde 2011 vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) mit dem Ziel neutrale, qualitative und aktuelle Bildungsangebote zu den Themen Finanzen, Versicherungen, digitale Welt und nachhaltiger Konsum zu schaffen, ins Leben gerufen. Um die hohen Anforderungen an die Angebote gewährleisten zu können, übernimmt die Koordinierungsstelle mit der Organisation von netzwerkinternen Fortbildungen und Hospitationen einen Teil der Qualitätssicherung. Außerdem fördert sie Synergien im Netzwerk durch regelmäßige Austauschtreffen, stellt einen engen Praxisbezug sicher und setzt neue inhaltliche Impulse.
Martin Waßink: Ich war bis vor kurzem sieben Jahre lang selbst anerkannter Trainer für Verbraucherbildung und habe 2021 und 2022 das Netzwerk (bei einem anderen Träger) koordiniert. Seit vergangenem Herbst bin ich nun selbst für den ausgezeichneten Verbraucherstützpunkt „EBW Oberfranken-Mitte im Verbund mit der Evang. Familienbildungsstätte plus Mehrgenerationenhaus Bayreuth“ verantwortlich. Daher kenne ich die Geschichte des Netzwerks und die verschiedenen Hüte der Akteur*innen aus eigener Erfahrung. Mit diesem Hintergrund versuche ich die verschiedenen Perspektiven für die Weiterentwicklung des Netzwerks einzubringen. Und ich freue mich, unsere neue Koordinatorin, Carmen Kobek, bei ihren Aufgaben unterstützen zu dürfen!
AEEB: Warum ist das Thema Verbraucherbildung gerade in der heutigen Zeit so wichtig bzw. welche Bedeutung hat es speziell für uns als kirchlicher Bildungsanbieter?
Waßink: Zum einen möchten wir auch andere Träger für die Bildungsarbeit mit vulnerablen Zielgruppen – Geflüchtete, Menschen mit Behinderung, Senior*innen etc. – sensibilisieren und fortbilden, zum anderen wollen wir unsere „evangelischen Stärken“ in der aufsuchenden Bildungsarbeit (z.B. Kreise und Gruppen in Kirchengemeinden) einbringen. Kirche sollte an der Seite der Schwachen stehen – und Antworten auf wichtige Lebensfragen haben. Gerade bei so alltagsnahen Themen wie Digitalisierung oder Finanzen kann das Netzwerk Verbraucherbildung wirklich weiterhelfen.
AEEB: Was heißt das konkret für die Bildungspraxis bzw. für unsere Einrichtungen und Bildungsangebote?
Waßink: Bei Angebotsentwürfen im Sinne eines christlichen Menschenbildes geht es darum, einen Vertrauensraum zu schaffen, in dem man beispielsweise ohne Scham die Funktionsweise eines Tablets erlernt und der Bedarf für finanzielle Allgemeinbildung offen gezeigt werden kann. Wir wollen Menschen dazu befähigen, gute selbstbestimmte und selbstverantwortliche Entscheidungen treffen zu können, und so auch im neuen Themenfeld „Nachhaltiger Konsum“ die Beziehungen des Einzelnen stärken: Wir helfen zum Beispiel, indem Senior*innen die Fotos und Videos ihrer Enkel auf dem Smartphone empfangen können. Oder durch Veranstaltungen zu finanzieller Vorsorge mit Ideen für einen Haushaltsplan, um Überschuldung zu vermeiden. Oder wir zeigen auf, wie man durch bewusstes Konsumverhalten achtsam mit der Schöpfung umgeht. Die geförderten Themen der Verbraucherbildung sind unglaublich vielfältig – für mich ist das alles Ausdruck gelebter Nächstenliebe.
Kobek: Wir haben einen bestehenden Pool an anerkannten Trainerinnen und Trainern, die durch methodisch-didaktische Fortbildungen für vulnerable Zielgruppen sensibilisiert und ausgebildet werden sollen. Da innerhalb des Netzwerkes sowohl in Bezug auf „aufsuchende Bildungsarbeit“, als auch auf „vulnerable Zielgruppen“ bereits einiges an Erfahrung vorliegt, hat das StMUV vor einigen Monaten eine Multiplikatorenbefragung in Auftrag gegeben. Aktuell warten wir noch auf die Forschungsergebnisse, aus denen dann Handlungsempfehlungen abgeleitet und dem Netzwerk präsentiert werden.
AEEB: Innerhalb der Koordinierungsstelle geht es also einerseits darum, den Bildungsbereich Verbraucherbildung generell zu stärken und eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen, anderseits aber auch um eine bessere Vernetzung und Qualifizierung der Bildungsakteur*innen selbst. Mit welchen Aufgaben habt Ihr angefangen?
Kobek: Einmal im Jahr findet ein großes Netzwerktreffen in Präsenz für anerkannte Trainer*innen und Programmplanende aller ausgezeichneten Stützpunkte mit Keynote-Vortrag und moderierten Austauschmöglichkeiten statt. Hierfür konnte ich schon geeignete Räumlichkeiten in Nürnberg und einen Termin im September finden. Als Nächstes werde ich eine Fortbildung für alle Netzwerkakteur*innen zu „Leichter Sprache“ angehen.
Waßink: Momentan sammeln wir gerade die bisher gemachten Erfahrungen in der Evangelischen Erwachsenenbildung und denken zum Beispiel darüber nach: Wo und wie können wir bereits bewährte Konzepte wie die „Verbraucherbildung für Geflüchtete“ beim EBW Regensburg oder „aufsuchende Verbraucherbildung“ beim EBW Schweinfurt andernorts einsetzen? Aber auch das neue Themenfeld „Nachhaltiger Konsum“ zur Bewahrung unserer Schöpfung könnte gerade für die evangelische Bildungsarbeit in der Fläche interessant werden.
AEEB: Eine Chance der Koordinierungsstelle im Rahmen der AEEB ist es, die Themen und Fördermöglichkeiten der „Verbraucherbildung Bayern“ in der Evangelischen Erwachsenenbildung (EEB) in Bayern bekannter zu machen. Bisher gibt es fünf anerkannte Stützpunkte innerhalb der EEB und deshalb ganz konkret: Welche Vorteile/ welchen Nutzen haben unsere Einrichtungen, wenn Sie Stützpunkt für Verbraucherbildung Bayern werden?
Waßink: Als Einrichtungen sind wir dazu angehalten, insbesondere auch die (fortlaufende) Qualifizierung der Referierenden im Blick zu haben. Das Qualitätssiegel „Verbraucherbildung Bayern“ für anbieter- und produktneutrale sowie pädagogisch kompetente Referierende ist diesbezüglich ein echter Gewinn. Mehrmals pro Jahr gibt es kostenlose, fachliche und methodisch-didaktische Fortbildungen.
Kobek: Als ehemalige Programmplanerin finde ich die Fördermöglichkeiten für Veranstaltungen im Rahmen der Verbraucherbildung Bayern sehr attraktiv. Das relativ einfache Beantragen von Fördergeldern für Verbraucherbildungsarbeit (bis zu 10.000 € pro Jahr) ist als ausgezeichneter Stützpunkt absolut lohnenswert. Gerne möchte ich Sie an dieser Stelle zu unserer Online-Infoveranstaltung am 12. April 2024 um 10:00 Uhr (bei Interesse bitte Mail an: verbraucherbildung.bayern@elkb.de) einladen. Für Einrichtungen, die an der Auszeichnung „Stützpunkt Verbraucherbildung Bayern“ interessiert sind, ist dieser Termin eine gute Gelegenheit, die Initiative und das Netzwerk noch einmal persönlich und ausführlicher kennenzulernen. Wir freuen uns auf Sie…
Interview: Sabine Löcker (AEEB)
Zur weiteren Info
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