AEEB Interview: „In einer Demokratie zu leben, ist nicht selbstverständlich!“

Die Stadtakademie München gilt als Denkwerkstatt der ELKB und steht in der Tradition Evangelischer Akademien in Deutschland, die nach dem Nationalsozialismus für die Demokratisierung und Öffnung der Gesellschaft eingetreten sind. Dementsprechend greift sie auch gesellschaftspolitische Themen auf, zu denen Menschen heute Information, Diskussion und Orientierung suchen. – Die AEEB sprach mit Dr. Barbara Hepp, Leiterin der Stadtakademie München, über die generelle Bedeutung Politischer Bildung sowie über aktuelle Bildungsangebote.

AEEB: Welche Bedeutung/ welchen Stellenwert räumen Sie der Politischen Bildung in der Stadtakademie München ein? Warum ist dieser Bildungsbereich für uns als Gesellschaft, aber auch für unsere Kirche so wichtig?

Dr. Barbara Hepp: Dass wir in einer Demokratie leben dürfen, ist nicht selbstverständlich. Der Überfall Russlands auf die Ukraine zeigt einmal mehr, dass um demokratische Werte immer wieder neu gerungen und gestritten werden muss. Das setzt aber ein Bewusstsein dafür voraus, wie wertvoll das Leben in einer Demokratie ist und ein Wissen darum, wie eine Demokratie funktioniert und wie sie gestützt werden kann. Hier setzt politische Bildung an. Als Christin bin ich auch der Ansicht, dass die Demokratie diejenige Staatsform ist, die der gottgegebenen Würde und Selbstbestimmung des Menschen am ehesten entspricht. Daher ist politische Bildung für mich nicht nur eine staatliche Aufgabe, sondern steht auch den Kirchen gut an.

AEEB: Wie unterscheiden sich Ihre (politischen) Bildungsangebote von denen anderer Mitbewerber*innen, zum Beispiel der Volkshochschule?

Hepp: Ziel und Zentrum unserer Bildungsangebote ist nicht ein vielleicht eher abstraktes Wissen über die Demokratie oder andere (politische) Themen, sondern immer die Frage nach dem gelingenden Leben aus der Sicht jedes und jeder Einzelnen. Darum geht es bei unseren Angeboten immer in erster Linie um eine Hilfe zur Orientierung für das eigene Leben: Was ist mir wichtig? Oder eben auch: Welche Staatsform halte ich für die richtige? Und was kann ich dazu beitragen?

AEEB: Welche Zielgruppen erreichen Sie mit Ihren Veranstaltungen? Wie versuchen Sie abnehmenden Teilnehmer*innenzahlen entgegenzuwirken bzw. was tun Sie, um gerade auch jüngere Menschen für gesellschaftspolitische Themen zu interessieren?

Hepp: Wie viele andere klassische Bildungseinrichtungen erreichen auch wir überwiegend Menschen aus dem Bereich des Bildungsbürgertums. Der Altersdurschnitt unserer Teilnehmenden ist dabei über die letzten Jahre kontinuierlich gestiegen. Ich bin daher sehr froh, dass wir seit Februar eine Projektstelle „Junge Akademie“ einrichten und besetzen konnten (Anmerkung der Red.: siehe Personalie Josephine Mink). Ich bin gespannt, wie sich unser Angebotsspektrum und das der Teilnehmerinnen und Teilnehmer dadurch verändern wird.

AEEB: Welche Highlights im Bereich gesellschaftspolitische Bildung hält die Stadtakademie in diesem Jahr bereit? Welches aktuelle Thema liegt Ihnen persönlich besonders am Herzen?

Hepp: Wir erleben, dass der Krieg in der Ukraine immer noch viele Fragen aufwirft und für große Verunsicherung sorgt. Die damit zusammenhängenden Themen wie die Geschichte Russlands oder die Frage der Osterweiterung der Nato werden daher weiterhin einen prominenten Raum einnehmen. Im Jahr der Landtagswahl in Bayern geht es aber freilich auch um grundsätzliche Fragestellungen zum demokratischen System an sich. Und dann blicken wir in diesem Jahr auch noch auf 75 Jahre Menschenrechtserklärung der UN zurück und beleuchten beispielsweise die Entwicklung von Frauenrechten – das betrifft ja immerhin mindestens 50% der Gesamtbevölkerung…

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