AEEB Interview: Nie zu alt für Neues

AEEB Interview: Nie zu alt für Neues – Servicestelle „Digitalisierung und Bildung für ältere Menschen“

Ganz gleich, ob Videocalls, Bankgeschäfte, Termin- oder Reisebuchungen – digitale Lösungen sind sowohl aus dem beruflichen, als auch im privaten Alltag nicht mehr wegzudenken. Doch während die so genannten Digital Natives – die Generation, die in die digitale Welt hinein geboren worden ist – es nicht anders kennen, fällt es gerade älteren Menschen schwer mit dem technologischen Fortschritt mitzuhalten. Um die digitale Teilhabe von Seniorinnen und Senioren zu ermöglichen bzw. gezielt zu unterstützen, gibt es inzwischen eine ganze Reihe an deutschlandweiten Institutionen und Projekten. Eines davon ist die 2017 gegründete Servicestelle „Digitalisierung und Bildung für ältere Menschen“ der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e.V. (BAGSO). Die AEEB sprach mit Dr. Janina Stiel (Projektleiterin der BAGSO Servicestelle) über ihre Arbeit und über die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit mit der Evangelischen Erwachsenenbildung in Bayern.

AEEB: Liebe Frau Stiel, welche Aufgaben und Ziele hat die Servicestelle „ Digitalisierung und Bildung für ältere Menschen“?

Dr. Janina Stiel: Finanziert vom BMFSFJ ist die Servicestelle bei der BAGSO seit 2017 bundesweite Ansprechstelle für das Thema Bildung im Alter ganz allgemein und digitaler Kompetenzerwerb älterer Menschen im Besonderen. Wir richten uns an die Politik auf allen förderalen Ebenen, um für die Relevanz der Themen zu werben, qualifizieren Verantwortliche in der Bildungsarbeit zu Lernbesonderheiten im Alter und der guten Gestaltung von Bildungsangeboten und wir geben Älteren selbst Auskunft zu Lernangeboten in Ihrer Nähe und ermutigen sie dazu, auch im Alter Neues zu lernen. Zu den Aufgaben gehören also viele eigene Seminare und Vorträge, politische Stellungnahmen, Vernetzung der Akteure von Bildung im Alter und Öffentlichkeitsarbeit.

AEEB: Im Rahmen der Servicestelle haben Sie auch ein eigenes Internetportal aufgebaut. Welche Informationen/ welchen Service findet man auf wissensdurtig.de?

Stiel: Das Herzstück von wissensdurstig.de ist die bundesweite Veranstaltungsdatenbank, auf der über 1.300 Veranstalter aktuell ca. 30.000 Bildungsangebote für Ältere eingestellt haben. Die Bekanntheit von Bildungsangeboten für Ältere und der Zugang dazu sind derzeit noch ein großes Problem, zu dessen Lösung die Servicestelle einen Beitrag leisten möchte. Es gibt ja viel mehr als Volkshochschulen, die hier etwas bieten. Älteren Offlinern geben wir aus der Datenbank telefonisch Auskunft. Daneben findet man auf wissensdurstig.de Literatur und Materialien zu Bildung im Alter und gute Praxisbeispiele zur eigenen Inspiration. Aktuelles-Beiträge und ein Newsletter geben regelmäßig Auskunft zu Fördermöglichkeiten für (digitale) Bildungsprojekte, Veranstaltungen, Studien, Weiterbildungen, Veröffentlichungen und politische Entscheidungen zu Bildung im Alter.

AEEB: Die Servicestelle unterstützt also nicht nur Seniorinnen und Senioren bei der Suche nach Veranstaltungen, sondern richtet sich auch an Multiplikatoren in der Bildungsarbeit und Bildungsanbieter. Was ist aus Ihrer Erfahrung heraus bei der Konzeption von Lernangeboten zur Förderung digitaler Kompetenzen von Senior*innen besonders wichtig?

Stiel: Es beginnt mit der Erkenntnis, dass sich Lernen in der nachberuflichen Lebensphase in vielerlei Hinsicht vom Lernen im bisherigen Leben unterscheidet. Die Motive sind andere, unser Gehirn und unser Körper verändern sich. Deshalb ist bei der Konzeption guter Bildungsangebote das Beachten geragogischer Prinzipien zentral – unabhängig vom inhaltlichen Thema. Geragogik ist die Bildung im und für das Alter(n). Gute Veranstaltungen zum digitalen Kompetenzerwerb zeichnen sich insofern u.a. dadurch aus, dass sie von den Anliegen der Lernenden ausgehen statt einem festen Lehrplan, dass sie flexibel sind und Partizipation ermöglichen, dass sie mehr praktisch statt theoretisch sind, dass sie sensibel mit den vielen englischen Begriffen umgehen, dass Geduld und Ruhe und ein positives Bild von der Lernfähigkeit Älterer ausgestrahlt werden. Dass es Raum für Wiederholung und privaten Austausch gibt, dass auf Datenschutz und Datensicherheit eingegangen wird, dass sie kostengünstig oder gar kostenfrei sind, gute Print-Materialien verwenden und zur Verfügung stellen und dass Ansprechpartner auch noch Wochen nach einem Veranstaltungsende bestehen bleiben. Hier kann man sich von den etwa 500 Freiwilligen-Initiativen im Land viel abgucken, bei denen Ältere andere Ältere in die digitale Welt begleiten. Wen das näher interessiert, dem empfehle ich zum Einstieg die Expertise Förderung von Technik- und Medienkompetenz älterer Menschen aus der Perspektive der Geragogik“, die ich mit einer Kollegin für den Achten Altersbericht der Bundesregierung verfassen durfte.

AEEB: In welchen Bereichen sehen Sie Möglichkeiten einer Zusammenarbeit zwischen Ihrer Servicestelle und uns als Evangelische Erwachsenenbildner? Wie können Sie bei der Gestaltung passender Lernangebote behilflich sein?

Stiel: Natürlich wäre es wunderbar, wenn die Bildungsangebote der Evangelischen Erwachsenenbildner auch in die Veranstaltungsdatenbank auf wissensdurstg.de Eingang finden. Je nach technischen Voraussetzungen können hier automatisierte Schnittstellen eingerichtet werden oder Veranstaltungen online eingegeben werden. Wer sich Beratung wünscht zu Geragogik oder zum Aufbau von Technikbegleitung für Ältere kann sich gern an die Servicestelle wenden. Wir können inhaltlich weiterhelfen, mit passenden Materialien, Auskunft geben zu Weiterbildungsangeboten für Erwachsenenbildner oder auch zu potenziellen Netzwerkpartnern aus der Region, die man noch gar nicht wahrgenommen hat.

Kontakt Servicestelle „Digitalisierung und Bildung für ältere Menschen:

Dr. Janina Stiel (stiel@bagso.de) Telefon: 0228 / 24 99 93 – 34.
Service-Telefon: 0228 / 24 99 93 – 50
Sprechzeiten: Montag bis Freitag, 10-16 Uhr

E-Mail: info@wissensdurstig.de
Internetadresse: www.wissensdurstig.de

Zur weiteren Info:

wissensdurstig.de: Das Internetportal der Servicestelle „Digitalisierung und Bildung für ältere Menschen“ gibt Infos zu Bildungsangeboten für ältere Menschen in ganz Deutschland, Tipps und Materialien zu Digitalisierung und Bildung im Alter, Wissenswertes für Bildungsanbieter, gute Praxisbeispiele und aktuelle Informationen über Digitalisierung, Bildung, Projekte, Aktionen und mehr. Bildungsanbieter können sich auf wissensdurstig.de anmelden und ihre Bildungsangebote online selbst eintragen oder eine automatische Schnittstelle zur eigenen Veranstaltungsdatenbank nutzen. Die Anbieter sollten gemeinnützig organisiert und die Angebote kostengünstig sein. Einen Link zum Internetportal finden Sie hier

BAGSO: Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen – ein Zusammenschluss von rund 120 Vereinen und Verbänden der Zivilgesellschaft – vertritt die Interessen der älteren Generationen in Deutschland. Sie setzt sich für ein aktives, selbstbestimmtes und möglichst gesundes Älterwerden in sozialer Sicherheit ein. Sie fördert ein differenziertes Bild vom Alter, das die vielfältigen Chancen eines längeren Lebens ebenso einschließt wie Zeiten der Verletzlichkeit und Pflegebedürftigkeit. Zu den Projekten der BAGSO gehören u.a.: Digitalkompass, DigitalPakt Alter, Servicestelle „Digitalisierung und Bildung für ältere Menschen“.

„Wegweiser durch die digitale Welt – Für ältere Bürgerinnen und Bürger“: Der BAGSO-Ratgeber richtet sich sowohl an Menschen, die ins Internet einsteigen möchten, als auch an diejenigen, die dort bereits unterwegs sind und nun tiefer in die digitale Welt eintauchen wollen. Die Publikation bietet Antworten zu Fragen wie: Wie kann ich buchen, bestellen, einkaufen? Aber auch: Wie kann ich mich sicher im Netz bewegen und meine Daten schützen? In verständlicher und möglichst kurz gehaltener Form gibt sie einen Überblick über die Möglichkeiten des Internets und viele nützliche Tipps. Downloadmöglichkeit als PDF hier

Interview: Sabine Löcker (AEEB)

Foto: Copyright BAGSO („Wegweiser durch die digitale Welt – Für ältere Bürgerinnen und Bürger“)

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