Wie lassen sich Veranstaltungen lebendig und modern gestalten? Was kann ich tun, um ein „Wegdriften“ der Teilnehmenden von Online-Angeboten zu vermeiden? – Die AEEB sprach mit Digitalexpertin Alexandra Kohle (AEEB) über die praktische Durchführung von Veranstaltungen.
AEEB: Liebe Alexandra, angetrieben durch die Coronapandemie haben sich Online-Veranstaltungen inzwischen auch in den Programmen der Evangelischen Erwachsenenbildung (EEB) fest etabliert. Wie beurteilst du diese Entwicklung?
Alexandra Kohle: Es ist gut, dass die Bedarfe der Teilnehmenden jetzt besser berücksichtigt werden können. Nehmen wir z.B. ältere Menschen als Zielgruppe: diese wissen es oft sehr zu schätzen, wenn sie mal wieder vor Ort zusammenkommen können, gleichzeitig sind diese leider auch häufig von Krankheiten oder eingeschränkter Mobilität betroffen. Da kann es Sinn machen eine Veranstaltung im Sommer in Präsenz anzubieten, im Winter, wenn es früh dunkel wird und die Straßenverhältnisse auch auf den Gehsteigen schwierig sind, jedoch online oder hybrid. Das gilt nicht nur im ländlichen Raum, sondern auch für alle anderen Orte, an denen der öffentliche Nahverkehr noch ausbaufähig ist und betrifft z.B. auch Kinder und Jugendliche, die vielleicht auf den Fahrservice ihrer Eltern angewiesen sind.
Aber auch andere Zielgruppen profitieren sehr von den Entwicklungen und den Erfahrungen, die wir alle seit Corona gesammelt haben. Dabei denke ich beispielsweise an berufliche Weiterbildungen für die online Anfahrtskosten und -zeit wegfallen. Oder auch an Veranstaltungen für Eltern von kleinen Kindern. So werden Rückbildungskurse nach der Schwangerschaft mittlerweile oft auch hybrid (gleichzeitig online und Präsenz) angeboten. Dadurch haben viel mehr frischgebackene Mütter die Möglichkeit an diesen wichtigen Gesundheitskursen teilzunehmen, auch wenn das Baby gerade am kränkeln ist oder die Fahrt zum Kursort aus irgendeinem anderen Grund purer Stress bedeutet. Gleichzeitig ist es für die Mütter, die es zum Kursort schaffen, eine große Bereicherung dort Kontakte zu knüpfen.
Online und Präsenz stehen nicht in Konkurrenz zueinander! Es hängt einfach immer von der Zielgruppe, dem Thema und den örtlichen Gegebenheiten ab, welches dieser beiden Formate mehr Sinn macht oder ob eine Mischung aus beidem (z.B. hybrid) zielführender ist.
AEEB: Braucht es speziell für Online-Veranstaltungen eine neue, andere Art von Didaktik?
Kohle: In Bezug auf die didaktischen Anforderungen unterscheiden sich Online- und Präsenz-Formate im Grunde kaum. Mit den Grundlagen von Didaktik und Methodik, die in Präsenz funktionieren, kann man auch online sehr gut arbeiten. Klassiker wie mit einem geschickten Einstieg ins Thema Neugierde zu wecken, lebendige und praxisnahe Vorträge, Abwechslung von Phasen der An- und Entspannung, sinnvolle Gruppenarbeiten und dergleichen bereichern auch Online-Veranstaltungen. Natürlich gibt es im Onlinebereich viele weitere Möglichkeiten, die eine Bereicherung darstellen können. Man muss sie aber auch nicht zwangsläufig nutzen und man muss sie immer passend zur Zielgruppe auswählen. So sind Teilnehmende, die nicht sehr technik-affin sind, in der Regel wenig begeistert, wenn sie bei einer Online-Veranstaltung zwischen mehreren Tools wechseln müssen.
Am wichtigsten für eine erfolgreiche Durchführung ist es, dass die Moderation die eingesetzten Tools wie z.B. Zoom gut beherrschen, Meldungen – sei es das Heben der physischen Hand im Video oder die virtuelle Handhebung – nicht übersehen, „Breakout-Rooms“ bedienen können und sich auf technische Unzulänglichkeiten bei den TN einstellen. Falls mit unerfahrenen TN zu rechnen ist, ist ein zusätzlicher telefonisch erreichbarer Technik-Support sehr hilfreich, damit der Unterricht nicht ständig unterbrochen werden muss.
AEEB: Was aber kann man tun, um die Teilnehmer*innen bei der Stange oder sagen wir besser konzentriert am Bildschirm zu halten?
Kohle: Dafür gibt es kein Patentrezept. Um Veranstaltungen unterhaltsam zu gestalten, muss man die Teilnehmerinnen einbeziehen. Dabei helfen interaktive Methoden und „Breakout-Sessions“ und ausreichend Pausen. Zudem hängt der Erfolg einer Veranstaltung immer auch stark von der Persönlichkeit der Moderation und der Teilnehmenden ab. Sprach-, Erklär- und Moderationsstil müssen zusammenpassen. Besondere Tools oder Technologien braucht es dabei nicht. Vor allem für ungeübte Moderatorinnen kann es hilfreich sein, Aufgaben und Rollen zu verteilen. Dann schaut eine Teilnehmerin vielleicht nach den Meldungen, ein anderer nach dem Chat und wieder jemand anderes auf die Zeit, etc..
Statt einer langen Pause in der Mitte der Veranstaltung haben sich mehrere kurze „Biopausen“ bewährt. Wer mag, kann auch zuvor geplante und natürlich freiwillige Aktiv-Pausen einfügen, bei denen z.B. einfache Übungen für Rücken oder Augen angeleitet werden (Siehe dazu unsere AEEB Veranstaltung „Lernen in Bewegung“ am 14. Oktober 2024).
Da meist nicht alle Teilnehmenden von sich aus im Plenum mitmachen oder in den Chat schreiben wollen, kann man die Teilnehmenden zu Diskussionen in kleinen Breakout-Gruppen einteilen. Dabei sollte man am Besten vorab ankündigen, dass die Teilnehmenden klären sollen, wer von ihnen im Anschluss die Gruppenergebnisse vorträgt.
Ein paar gut beschriebene und bewährte Methoden für den Einstieg oder das Kennenlernen, findet man bspw. unter https://www.workshop-spiele.de.
AEEB: Kannst du uns eine besondere Aktivität nennen, die du selbst gerne bei Veranstaltungen einsetzt?
Kohle: Eine Aktivität, die ich sehr mag, ist ein „Gruppen-Applaus“. Diesen baue ich z.B. nach einer besonders schwierigen Herausforderung/ Übung ein oder starte damit den letzten Termin einer Veranstaltungsreihe. Dazu fordere ich zuerst alle Teilnehmenden auf, ihr Mikro einzuschalten und bitte sie für sich selbst zu klatschen, weil sie jetzt schon so lange durchgehalten haben. Danach frage ich in die Runde, wer noch einen Applaus verdient hat. Meistens sagt hier noch niemand etwas, deshalb beziehe ich mich dann oft auf den Smalltalk bei Veranstaltungsbeginn oder vorherigen Gegebenheiten. Einmal musste an dieser Stelle ein Teilnehmer niesen, also haben wir für alle geklatscht, die gerade krank oder endlich wieder gesund sind. Das sorgt immer für gute Stimmung und ein Gefühl der Wertschätzung.
AEEB: Was motiviert Dich persönlich immer wieder neue, kreative Ansätze für Veranstaltungen zu suchen?
Kohle: Nicht nur als Teilnehmerin von Veranstaltungen weiß ich Abwechslung und neue Methoden zu schätzen, auch meine Arbeit als Referentin und Moderatorin macht einfach mehr Spaß, wenn ich hin und wieder etwas Neues probiere. In einigen Fällen greife ich dabei natürlich auch daneben, aber auch als Lehrende sollte man nie aufhören, dazuzulernen.
Interview: Sabine Löcker (AEEB)
Zur weiteren Info
Einen Link zum Digitalportal von ELKB, AEEB und Diakonie in Bayern (hier finden Sie u.a. Fortbildungen und Fachbeiträge zum Thema Veranstaltungen) hier